eingeblendet: Besuch aus Bremerhaven Elena Schiller: Ich bin die Elena. Ich bin eine ehemalige Schülerin von euch. Ich bin jetzt 26 und eingeschult wurde ich mit der Deutschen Fernschule in Papua-Neuguinea. eingeblendet: 1993-1994 Ruanda 1997-2002 Papua-Neuguinea und England heute am Forschungsinstitut für Meeresbiologie Elena Schiller: Die Fernschule hat mir ermöglicht, zu einer ganz prägenden Zeit in meinem Leben an einem Ort zu sein, an dem ich Erfahrungen machen konnte, die ich so in Deutschland nicht hätte machen können. Wenn es die Fernschule nicht gäbe, dann hätten meine Eltern vor der Einschulung wieder zurück nach Deutschland fahren müssen. Und dann wären mir die Erfahrungen, die ich jetzt so schätze, verloren gegangen. Die hätte ich so nicht gemacht. Frage: War es denn deinem Bruder und dir bewusst, dass ihr irgendwann nach Deutschland zurückkommen werdet? Elena Schiller: Es war immer klar, dass wir dauerhaft wieder nach Deutschland zurück gehen würden. Und meine Eltern haben auch sehr darauf geachtet, dass ich das Wort "zurück" mit Deutschland verbinde. Dass mir und auch meinem Bruder klar ist, dass wir nur temporär in einem Land sind, wo wir zu Gast sind und eine Rückkehr immer "nach Deutschland" bedeutet. Frage: Wie ging es denn deinen Eltern? Wie haben die denn die Rückkehr nach Deutschland erlebt? Elena Schiller: Also die Rückkehr nach Deutschland wurde von meinen Eltern ganz anders empfunden als von mir. Meine Mutter war unheimlich froh, wieder nach Deutschland permanent zurückzugehen. Sie hatte sich schon sehr lange darauf gefreut, weil sie einfach müde war. Weil diese ganzen Erfahrungen die man im Ausland macht, soviel... so anstrengend sind oft. Also natürlich macht man tolle Erfahrungen und spannende Erfahrungen, aber eben auch anstrengende Erfahrungen. Man erlebt auch viel Frust, weil Dinge nicht so funktionieren, wie man sich das vorher vorgestellt hat. Weil man immer wieder mit irgendwas konfrontiert ist, was man nicht kennt. Und da war sie eben sehr froh, dass wir wieder nach Deutschland zurückgegangen sind. Und sie wollte, glaube ich, auch einfach ankommen.
Für sie war das "Zuhause" und sie wollte auch von... Sie wollte auch, dass unsere Familie das als Zuhause empfindet. Also sie hat, glaube ich, nicht damit gerechnet, dass ich das nicht als Zuhause empfinde. Weil sie ja auch immer sehr darauf geachtet hatte, dass Zuhause als... dass Deutschland als Zuhause empfunden wird. Aber das ist halt einfach nicht so gewesen. Und da hat sie auch viel damit zu kämpfen gehabt, das sie dass auch, glaube ich, gar nicht verstanden hat, dass ich das eben anders wahrgenommen habe als sie.
Wenn ich jetzt eine Empfehlung aussprechen darf für die Eltern oder einen Wunsch artikulieren darf gegenüber den Eltern: Bitte schaut darauf, wie es eurem Kind geht, vor allem bei der Rückkehr nach Deutschland. Vor allem in der Zeit nach der Rückkehr nach Deutschland. Meiner Meinung nach ist die Arbeit mit dem Kind in Deutschland nach der Rückkehr das Wichtigste. Weil wenn ihr Deutschland dem Kind als Heimat anbietet, aber es diese Heimat nicht so empfindet, dann hat es gar keine. Frage: Du hast uns erzählt, dass du dich nicht gut auf die Rückkehr vorbereitet gefühlt hast. Hast du vielleicht einen Tipp, was Erwachsene besser machen können? Elena Schiller: Erwachsene oder auch Organisationen, die Familien ins Ausland schicken oder ins Ausland begleiten, gehen immer davon aus, habe ich den Eindruck, dass die Geschichte zu Ende ist mit der Rückkehr nach Deutschland. Deutschland ist Zuhause, und wenn du wieder da bist, bist du wieder Zuhause und alles ist gut. Und du machst einfach weiter.
Das ist aber oft einfach nicht der Fall. Weil für die Kinder bedeutet die Rückkehr nach Deutschland einen Bruch in ihrer Biografie, einen Bruch mit ihrer Lebenswirklichkeit, weil alles plötzlich anders ist. Und ich weiß ja nicht, wie das heutzutage gehandhabt wird, weil meine Erfahrungen jetzt schon 20 Jahre her sind. Aber ich sag mal, ich würde mir wünschen, dass da ein Umdenken stattgefunden hat, dass man ganz bewusst mit den Kindern an der Rückkehr arbeiten muss.
Weil wenn man ins Ausland geht, dann geht man ins Ausland als Deutscher. Zumindest Erwachsene, wenn sie ins Ausland gehen, sagen sie: Ich bin deutsch, ich geh ins Ausland. Wenn sie dort feststellen, dass sie dort anders sind, ist das nicht so schlimm, weil damit kann man umgehen. Darauf hat man sich ja eingestellt. Das ist normal.
Die Kinder wachsen aber in dieser Normalität auf oder werden von dieser Normalität geprägt. Und wenn die Kinder anders sind als ihr Umfeld, ist das für sie... natürlich immer schwierig, weil man ist... anders sein ist als Kind, glaube ich, immer schwierig, aber es ist trotzdem noch aushaltbar, weil man ja ein "zurück" hat. Es gibt diesen Ort, den die Eltern beschreiben, also dieses Deutschland, wo man hin zurückgeht, und wo dann alles irgendwie dann normal ist.
Aber wenn die Kinder nach Deutschland kommen, sind sie trotzdem Aliens. Also sie sind dann anders. Und sie können es nicht mehr erklären mit: Naja, das ist ja auch nicht der Ort, wo ich hingehöre. Und ich denke, dass man die Kinder da auffangen muss.
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