Mundart fördert Auffassungsgabe
Nachdem Dialekte und Mundarten in deutschen Schulen lange verpönt waren, erleben sie seit einigen Jahren vor allem im Süden Deutschlands ein Comeback. Galten dialektsprechende Schüler früher eher als Kinder mit mangelnder Intelligenz, sind Sprachforscher seit einigen Jahren der gegenteiligen Auffassung. Schon 2010 wurde den Ergebnissen der PISA-Studie entnommen, dass das Beherrschen einer Mundart bei Kindern vor allem die Auffassungsgabe und das abstrakte Denken fördert.
Der Mundart-Experte Hans Triebel erklärt, dass diese Kinder mit der Mundart und der deutschen Hochsprache von Grund auf zwei Sprachen lernen. Die Kinder lernen früh, zwischen den beiden Sprachen zu unterscheiden. Dies macht sich bei vielen Dialektsprechern durch eine große Sprachkompetenz und ein gutes sprachanalytisches Verständnis bemerkbar.
In der Hirnforschung wurde belegt, dass bei mehrsprachig erzogenen Kinder das entsprechende Zentrum im Gehirn besser ausgebildet ist. Dabei ist es egal, ob das Kind mit Deutsch und Französisch oder mit Deutsch und Bayrisch aufwächst. Diese bessere Vernetzung im Gehirn ist "die optimale Voraussetzung für jegliche weitere Entfaltung auf sprachlichem Gebiet", so Ludwig Zehetner, Dialektologe an der Universität Regensburg.

Dialekt als Unterrichtsthema
Besonders in Bayern, Baden-Württemberg und der Pfalz binden immer mehr Schulen den örtlichen Dialekt in den Unterricht mit ein. Dies geschieht zum Beispiel über Theateraufführungen, Gedichtsammlungen oder Projektunterricht zur Herkunft verschiedener Wörter. Als Ziel gibt Doris Thammer, Deutschlehrerin und Betreuerin des Mundartprojektes an einer Schule in Bayern, verschiedene Gründe an: „Mit Dialekt kann man Emotionen nuancierter zum Ausdruck bringen. Die Zwischentöne haben mehr Farbe, Kritik klingt weniger harsch. Zudem wird das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt, man verwurzelt viel tiefer in der Heimat.“
Begrüßt wird diese Entwicklung auch vom Institut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) in München. Seit einigen Jahren gibt es eine Handreichung für Lehrer heraus, wie Dialekte am besten im Deutschunterricht eingebunden werden können.
Erforschung von mundartlichen Ausdrücken
Wenn Sie sich für die deutschen Dialekte und ihre Verbreitung interessieren, dann freuen Sie sich über das gemeinsame Projekt einiger Universitäten zur Umgangssprache. Seit 2001 kartografieren die Forscher kontinuierlich die Aussprache bzw. die Nutzung von Varianten markanter Wörter in den verschiedenen Regionen Deutschlands. So werden alleine für das Wort „Nein“ fünf Varianten mit ihren Verbreitungsgebieten dargestellt.

© Universität Salzburg / Université de Liège
Ebenso „hörenswert“ ist die Aufstellung von Focus.de über die Eigenheiten von elf deutschen Dialekten mit teils amüsanten Hörproben. Schauen Sie doch mal rein, ob Sie den Dialekt wiederfinden, in dem Sie sich heimisch fühlen.
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von Ilonka Lindenhain